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Alzey (as) – Der Beirat für die Belange von Menschen mit Migrationshintergrund der Stadt Alzey hat einen offiziellen Antrag an Bürgermeister Steffen Jung gestellt. Ziel ist die Einrichtung eines „Runden Tisches Wohnraum in Alzey – bezahlbar, nachhaltig, zukunftsfähig für alle“. Der Antrag liegt der Alzeyer Zeitung vor. Der Beirat fordert, dass Politik, Verwaltung, Wohnungsbaugesellschaften und Sozialverbände gemeinsam Lösungen für die sich weiter zuspitzende Wohnraumsituation erarbeiten.

Druck auf dem Alzeyer Wohnungsmarkt wächst

Nach Berechnungen des Pestel-Instituts fehlen in Alzey und Umgebung rund 1.500 Wohnungen. Um den Bedarf zu decken, müssten bis 2028 jährlich etwa 720 neue Wohnungen entstehen. Tatsächlich wurden bis Mai 2025 lediglich 125 Wohnungen genehmigt. Die Mieten sind innerhalb von zwei Jahren um bis zu 20 Prozent gestiegen, Eigentumswohnungen kosten im Schnitt 2.500 Euro pro Quadratmeter, Häuser bis zu 3.500 Euro. Rund 60 Prozent der privaten Baufinanzierungen scheitern derzeit an gestiegenen Kosten und Zinsen.

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„Diese Entwicklung betrifft Menschen in allen Lebenslagen“, betont Kemal Gülcehre, Vorsitzender des Beirats. „Wohnraum darf kein Privileg sein – er ist ein Grundrecht und muss für alle Menschen in Alzey zugänglich bleiben, unabhängig von Herkunft, Sprache oder Einkommen.“

Neue Arbeitsplätze verschärfen die Lage

Mit der Ansiedlung des US-Pharmakonzerns Eli Lilly steht Alzey vor einem tiefgreifenden Wandel. Hunderte neue Arbeitsplätze sollen in den kommenden Jahren entstehen – ein wirtschaftlicher Gewinn für die Region, aber auch ein massiver zusätzlicher Druck auf den ohnehin angespannten Wohnungsmarkt.

Viele der neuen Beschäftigten werden Wohnraum in und um Alzey suchen. Angesichts des bereits bestehenden Mangels dürfte das die Konkurrenz auf dem Markt deutlich verschärfen. Wo finanzstarke Zuzügler suchen, steigen die Preise. Für Familien mit mittlerem oder geringem Einkommen, für Alleinerziehende oder ältere Menschen könnte es künftig noch schwieriger werden, eine bezahlbare Wohnung zu finden.

Im Rathaus ist man sich dieser Entwicklung bewusst. Bürgermeister Steffen Jung hatte bereits darauf hingewiesen, dass wirtschaftliches Wachstum und sozialer Ausgleich zusammen gedacht werden müssten. Der Beirat greift diese Forderung auf und will mit dem geplanten Runden Tisch sicherstellen, dass die Stadt rechtzeitig gegensteuert.

Ziel: Sozial gerechte und diskriminierungsfreie Wohnungspolitik

Der Runde Tisch soll sozial gerechte und inklusive Konzepte für die kommunale Wohnraumpolitik entwickeln. Dazu gehören transparente Informationen über laufende Bauprojekte, Fördermodelle für einkommensschwache Haushalte und eine diskriminierungsfreie Vergabepraxis. Auch die Einbindung der Wirtschaft – darunter Lilly – soll Teil des Konzepts sein, um frühzeitig Wohnraumstrategien für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entwickeln, ohne bestehende Mietergruppen zu verdrängen.

Die erste Sitzung soll im ersten Quartal 2026 stattfinden. Bis Ende 2026 ist ein kommunales Wohnraumkonzept geplant, das soziale und ökologische Gerechtigkeit sowie Teilhabe am Wohnungsmarkt in den Mittelpunkt stellt.

Auch Grüne fordern entschlossenes Gegensteuern

Die Grünen im Landkreis Alzey-Worms haben zuletzt ebenfalls scharfe Kritik an der aktuellen Wohnungspolitik geübt. In einer Mitteilung vom Ende Oktober forderte die Partei ein entschiedenes Gegensteuern gegen die wachsende Wohnungsnot und warnte vor einer zunehmenden sozialen Spaltung (wir berichteten)

Die Grünen verlangen ein stärkeres Engagement der Kommunen bei der Schaffung von sozialem Wohnraum und der Nutzung unbebauter öffentlicher Flächen. „Es reicht nicht, die Verantwortung allein an private Investoren abzugeben“, heißt es in ihrer Stellungnahme. Die Stadt müsse prüfen, welche kommunalen Grundstücke für geförderten Wohnungsbau geeignet seien.

Gemeinsamer Druck auf die Stadt wächst

Sowohl der Beirat als auch die Grünen fordern mehr Transparenz, verbindliche Zielvorgaben und regelmäßige Berichte im Stadtrat. Während die Grünen die Stadtverwaltung an ihre soziale Verantwortung erinnern, geht der Beirat einen Schritt weiter: Er will, dass Betroffene aktiv in die Lösungsfindung einbezogen werden.

Die Situation auf dem Alzeyer Wohnungsmarkt spitzt sich damit weiter zu. Steigende Baukosten, wachsender Zuzug und knapper werdender Wohnraum verschärfen den Handlungsdruck auf die Stadtverwaltung. Mit dem geplanten Runden Tisch und dem Engagement von Beirat und Grünen könnte die Diskussion um eine sozial gerechte Wohnungspolitik in Alzey jedoch neuen Schwung erhalten – bevor wirtschaftlicher Erfolg zur sozialen Belastung wird.

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