Volkstrauertag am Ehrendenkmal / Foto: G. Pfannkuchen
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Alzey (as) – Am heutigen Sonntag, 16. November 2025 ist Volkstrauertag. Dieser Tag des Gedenkens ist in Deutschland den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft gewidmet. Er erinnert nicht nur an die gefallenen Soldaten, sondern auch an Zivilisten, Vertriebene und alle, die durch kriegerische Ereignisse oder politische Verfolgung ihr Leben verloren haben. Er mahnt uns, die Erinnerung an das Leid wachzuhalten und für den Frieden einzutreten.

Auf dem Alzeyer Friedhof nutzten die Schüler der Geschichts-AG des Gymnasiums am Römerkastell Alzey gemeinsam mit ihrem Lehrer Dr. Helmut Schmahl die Gedenkstunde, um das Schicksal eines Einzelnen zu beleuchten: das von Norbert Robert (geb. 30. Oktober 1925 in Grünstadt/Pfalz). Der Onkel von Dr. Schmahl wurde 1944 als 18-Jähriger an der Ostfront vermisst und wäre kurz zuvor 100 Jahre alt geworden. Sein Schicksal steht stellvertretend für die quälende Ungewissheit, die Millionen Familien nach 1945 durchlebten. Begleitet wurde die Gedenkveranstaltung von zahlreichen Mitgliedern verschiedenste Hilfsorganisationen, die unter Beisein von Bürgermeister Steffen Jung und Landrat Heiko Sippel am Ehrenmal auf dem Alzeyer Friedhof Kränze niederlegten.

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Norbert Robert – Vom vermissten Grenadier zum Symbol für Millionen Opfer

„Mit dieser Erinnerung möchten wir Norbert Robert ein Gesicht geben – nicht als Soldaten eines Regimes, sondern als jungen Mann, der wie so viele in einem sinnlosen und verbrecherischen Vernichtungskrieg sein Leben verlor“, so Dr. Schmahl. „Sein Andenken mahnt uns, den Frieden zu bewahren.“

Der letzte Gruß und die Ungewissheit (1943–1944)

Norbert Robert, der in Grünstadt eine Lehre als Buchdrucker begann, wurde Ende 1943 zur Wehrmacht einberufen. Aus der Bergmannskaserne in Wentorf bei Hamburg sandte er am 7. Dezember 1943 seinen letzten überlieferten Brief an seine Eltern Georg und Hedwig.

Als Grenadier der 1. Kompanie, II. Bataillon des Grenadier-Regiments 501 der 290. Infanterie-Division, galt er seit dem 1. Februar 1944 bei den schweren Kämpfen um Tscherkizino (Russland) als vermisst. Ein Schreiben des Leutnants und Kompanieführers Wojcisk vom 1. März 1944 teilte den Eltern in Kiel-Elmschenhagen die traurige Pflicht mit: Man habe vergeblich auf eine Lazarettmeldung gewartet und könne den Verbleib Norberts nicht feststellen. Teile des Bataillons seien vom Feind eingeschlossen worden, wobei kein Kontakt mehr zur Einheit bestand.

Die jahrelange Suche und das Gutachten (1958–1968)

Die Ungewissheit dauerte Jahre. Erst 1958 wurde das Schicksal formal geklärt:

  • Amtliche Toterklärung 1958: Auf Antrag des Vaters, Georg Robert, erklärte das Amtsgericht Grünstadt am 7. Juli 1958 Norbert Robert für tot. Als Todeszeitpunkt wurde rückwirkend der 31. Dezember 1945 festgesetzt.
  • Recherche des DRK 1968: Erst zehn Jahre später, am 16. September 1968, informierte der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) München die Familie über die Ergebnisse ihrer Nachforschungen. Die Suche umfasste die Auswertung von Vermisstenbildlisten und Überlebendenverzeichnissen der 290. Infanterie-Division.
  • Gutachten des DRK: Das Gutachten kam zum Schluss, dass die Umstände der Kämpfe – ein massierter Angriff sowjetischer Verbände am 1. Februar 1944, bei dem Kampfgruppen eingeschlossen und aufgerieben wurden – nur zwei Folgerungen zuließen: Tod oder Gefangenschaft. Da es unwahrscheinlich war, in dieser Situation Gefangene zu machen, stellte das DRK fest: „Norbert Robert hat mit hoher Wahrscheinlichkeit am 1.2.1944 in den Kämpfen bei Tscherkizino (40 km nordwestlich Newel) den Tod gefunden.“ Man musste davon ausgehen, dass der Angehörige zu den Opfern des 2. Weltkrieges gezählt werden muss.
Norbert Robert mit 17 Jahren beim RAD (Reichsarbeitsdienst)

Die Mahnung eines 100. Geburtstages

Dr. Helmut Schmahl, der Neffe des Gefallenen, dessen Vater – Jahrgang 1925 – ebenfalls Soldat war und den Krieg überlebte, betonte: „Vor 100 Jahren wurde Norbert Robert geboren. Er starb im Alter von 18 Jahren in einem sinnlosen und verbrecherischen Vernichtungskrieg.“ Die jüngste Schwester, Dr. Schmahls Mutter, war zu diesem Zeitpunkt noch ein Baby.

Norbert Roberts sterbliche Überreste konnten trotz der Bemühungen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, dessen Mitglied Dr. Schmahl in dritter Generation ist, bisher nicht gefunden werden. Sein Name ist jedoch auf dem Deutschen Soldatenfriedhof in Sebesch in einem Gedenkbuch verzeichnet.

Die Gedenkfeier in Alzey mahnte eindrücklich, dass die Erinnerung an dieses Einzelschicksal und die Bedeutung des Friedens gerade angesichts der aktuellen Weltlage eine bleibende Verpflichtung für die Geschichts-AG und die gesamte Gesellschaft sei:

Möge Norberts Andenken uns daran erinnern, das Leben zu achten und den Frieden zu bewahren.

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