4 Tage Haft, weil im Freien keine Maske getragen wurde
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Offenheim (as) – In der VG Alzey-Land wurde gegen einen Bürger eine Erzwingungshaft angeordnet, nachdem er ein Bußgeld aus dem Jahr 2021 nicht beglichen hatte. Der Fall wirft Fragen zur Durchsetzung von Bußgeldern und zur Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen auf.

Hintergrund des Falls

Der Betroffene (Name ist der Redaktion bekannt), erhielt im Juli 2021 einen Bußgeldbescheid von der Kreisverwaltung Mainz-Bingen. Ihm wurde vorgeworfen, sich auf einem Parkplatz eines Edeka-Marktes in Alzey ohne Maske und ohne Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern aufgehalten zu haben. Dies verstieß gegen die zu diesem Zeitpunkt geltende 12. Corona-Bekämpfungsverordnung des Landes Rheinland-Pfalz. Das verhängte Bußgeld betrug 100 Euro.

Nachdem der Beschuldigte gegen den Bußgeldbescheid rechtliche Schritte eingeleitet hatte, wurde die Entscheidung letztlich rechtskräftig. Seit dem 9. Juli 2022 war die Geldbuße unanfechtbar.

Vollstreckungsverfahren und Anordnung der Erzwingungshaft

Da das Bußgeld trotz Mahnungen nicht gezahlt wurde und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolglos blieben, stellte die Kreisverwaltung Mainz-Bingen am 16. Mai 2023 beim Amtsgericht Alzey einen Antrag auf Erzwingungshaft gemäß § 96 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG). Das Amtsgericht gab dem Antrag am 19. Juni 2023 statt.

Der Betroffene legte Beschwerde gegen die Erzwingungshaft ein, die das Landgericht Mainz am 29. September 2023 als unbegründet zurückwies. Damit war die Haftanordnung rechtskräftig.

4 Tage Haft, weil im Freien keine Maske getragen wurde

Rolle der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft Mainz betont auf Anfrage dieser Zeitung in ihrer Stellungnahme, dass sie nicht an der Entscheidungsfindung beteiligt war, sondern lediglich für die Vollstreckung der gerichtlich angeordneten Erzwingungshaft zuständig ist. Eine eigene Prüfungskompetenz stehe ihr dabei nicht zu.

Weiterhin weist die Staatsanwaltschaft darauf hin, dass der Betroffene die Möglichkeit hat, die Haft durch Zahlung der Geldbuße jederzeit abzuwenden. Eine erneute Überprüfung des Verfahrens sei nicht vorgesehen, da der Rechtsweg ausgeschöpft sei. Auch eine Begnadigung nach der Gnadenordnung des Landes Rheinland-Pfalz komme in diesem Fall nicht in Betracht.

Diskussion um Verhältnismäßigkeit

Der Fall fällt in eine Zeit, in der die Wirksamkeit vieler Corona-Maßnahmen, insbesondere von Maskenpflichten im Freien, rückblickend kritisch diskutiert wird. Die Staatsanwaltschaft macht jedoch deutlich, dass diese Debatte für die Vollstreckung der rechtskräftigen Entscheidung unerheblich ist, da die damalige Verordnung rechtsgültig war und entsprechend angewendet wurde.

Fehlende Präzedenzfälle

Auf die Frage, ob es vergleichbare Fälle mit milderen Sanktionen oder Alternativen zur Erzwingungshaft gab, antwortete die Staatsanwaltschaft, dass keine solchen Erkenntnisse vorliegen. Dies ist erstaunlich, da Bußgelder üblicherweise auch durch andere Mittel (z. B. Sozialstunden, Ratenzahlung) durchgesetzt werden könnten. Die Zuständigkeit für die Festsetzung und Durchsetzung von Bußgeldern liege bei den Bußgeldbehörden.

Ein Fall der auch aufzeigt, wie das Rechtssystem mit starren bürokratischen Prozessen an einer Realität festhalten kann, die längst überholt ist. Formal ist die Erzwingungshaft juristisch korrekt – doch sie ist weder verhältnismäßig noch gesellschaftlich vermittelbar. Die Weigerung der Justiz, eine Neubewertung vorzunehmen, erscheint als unnötige Härte und ist insbesondere in Zeiten, in denen viele Corona-Maßnahmen kritisch aufgearbeitet werden, schwer nachvollziehbar.

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