Alzey/Offenheim (as) – Die Arbeit eines Ortsbürgermeisters ist anspruchsvoll. Kritik lässt sich kaum vermeiden – selbst bei bestem Engagement – treu dem Motto: „Selbst wenn du übers Wasser gehen kannst, kommt bestimmt einer, der fragt, ob du zu blöd bist zu schwimmen.“ In kleinen Gemeinden der Verbandsgemeinde Alzey-Land versuchen die Verantwortlichen vor allem Gutes für ihre Gemeinschaft zu tun, da ist man sich einig.
Gleichzeitig gibt es jedoch Gründe und Situationen, die einen Bürgermeister dazu verleiten können, das Amt niederzulegen. In der VG Alzey-Land waren es bereits drei von 24 innerhalb kurzer Zeit.
Belastungen für Ortsbürgermeister
VG-Bürgermeister Steffen Unger beschreibt die Situation der Amtsinhaberinnen und Amtsinhaber auf Anfrage der Alzeyer Zeitung so:
„Allgemein kann man sagen, dass die Belastungen für die Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister in den letzten Jahren stark gestiegen sind:
- Immer mehr Bürokratie
- Hohe Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger
- Gleichzeitig immer weniger Geld zum Gestalten. Die Finanzzuweisungen des Landes für die Kommunen sind völlig unzureichend.
- In der Gesellschaft fehlt immer mehr der Respekt vor den Menschen, denen die Bürger im öffentlichen Raum begegnen (Polizisten, Lehrer, Kommunalpolitiker…)“
Kritik und Rücktrittsgründe
Auf die erste Presseanfrage der Alzeyer Zeitung wurde zunächst nicht reagiert, Unger erklärt in einer erneuten Anfrage, dass die Gründe für Rücktritte grundsätzlich von den Ortsbürgermeistern selbst erklärt werden:
„Die Ortsbürgermeister geben in eigenen Angelegenheiten der Ortsgemeinde und noch viel mehr in persönlichen Angelegenheiten Erklärungen gegenüber der Presse grundsätzlich selbst ab. Deshalb werden Gründe für die Rücktritte nicht von Seiten der Verbandsgemeindeverwaltung genannt.“
Im Fall des ehemaligen Offenheimer Ortsbürgermeisters Eric Adam stellte Unger jedoch klar:
„Eric Adam hat im Gespräch mit mir und unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nie von ‚Hass und Hetze‘ gesprochen.“
Hintergrund sind Berichterstattungen in anderen Medien, die pauschal Online-Hetze als Rücktrittsgrund der Bürgermeister nannten. In einem Videobeitrag wurde zudem die Überschrift des Rücktritts von Eric Adam eingeblendet, ebenfalls im Zusammenhang mit Hass und Hetze – diese Aussage entbehrt jedoch der Faktenlage.
Adam enttäuscht von VG Bürgermeister Unger
„Herr Unger hat nach meiner Kündigung gar nicht erst nach den Gründen nachgefragt“, erklärt Adam in einer Mitteilung an die Alzeyer Zeitung. Unger habe lediglich über Feuerwehrkameraden „hintenrum“ die Gründe in Erfahrung bringen wollen. „Mit Hass und Hetze hat das überhaupt nichts zu tun“, zeigt er sich zudem über die Berichterstattung in einem Medium verwundert. Vielmehr, so sagt er „gibt es immer weniger Geld, die VG kauft immer weiter munter ein, wir zahlen VG und Kreisabgaben, für das Geld könnten wir einen hauptamtlichen Bürgermeister mit eigener Verwaltung einstellen“.
Die Aufrechterhaltung vieler Gemeinden sieht Adam aktuell nur noch mit viel eigener Tatkraft und Helfern, sowie Spenden als aufrecht zu erhalten. „Eigentlich sind wir pleite!“ so sein Resümee.
Hört man sich in der Gemeinde um, so dürfte Kritik an seiner Arbeit tatsächlich einer seiner geringsten Probleme gewesen sein. Der Malermeister ist in der Gemeinde angesehen, ist in Vereinen aktiv, so. z.B. auch im Vorstand des FMCAO (Flugmodellclub Alzey-Offenheim) – und auch in der Feuerwehr tritt er nicht etwa als „Verwalter“, sondern mehr als tatlkräftiger Macher in Erscheinung.
„Die anstehenden Probleme (Renovierung der Halle, die Heizung ist renovierungsbedürftig…) mit dem hohen Minus und der fehlenden Unterstützung der Politik ist einfach nichts mehr machbar.“ schließt er ab.
Framing in Medien wegen angeblicher „Hass und Hetze“
Trotz dieser klaren Aussage verbreiteten einige Medien Rücktrittsgründe, die zumindest im Fall von Eric Adam völlig unbegründet sind. In einem Videobeitrag eines Chefredakteurs wurde gar suggeriert, Adam sei wegen Hass und Hetze im Internet zurückgetreten. Ungers Stellungnahme und die Rücksprache mit Eric Adam machen deutlich, dass diese Darstellung nicht zutrifft und eher einem medialen Framing gleicht – die Frage bleibt, warum diese falsche pauschalisierende Darstellung verbreitet wird.
Vakante Stellen in Bermersheim vor der Höhe und Offenheim
Derzeit sind die Bürgermeisterämter in Bermersheim vor der Höhe und Offenheim unbesetzt. Bis zur Neuwahl übernehmen die Beigeordneten die Amtsgeschäfte. Die Neuwahl ist für den 22. März 2026 geplant, zeitgleich mit der Landtagswahl; im Januar beginnt die Phase zur Einreichung von Wahlvorschlägen – dies geht aus der Pressemitteilung der VG Alzey-Land hervor.
Die Situation zeigt einmal mehr, dass die Arbeit in kleinen Kommunen erhebliches Engagement erfordert. Eine transparente und sachliche Informationspolitik ist für die Bevölkerung dabei entscheidend, um Fehlinterpretationen zu vermeiden, keine falschen Narrative zu bedienen und das Vertrauen der Öffentlichkeit zu sichern.



































