Der rheinland-pfälzische Ministerrat hat die 26. Corona-Bekämpfungsverordnung
beschlossen. Sie wird am Sonntagfrüh in Kraft treten. „Ich habe mich lange dafür
eingesetzt, dass wir nicht mehr nur die Sieben-Tage-Inzidenz als Maßstab für unser Handeln im Kampf gegen das Virus zugrunde legen. Wir begrüßen daher, dass die Inzidenzschwellen von 35 und 50, die bislang den Staat zum Ergreifen von
Maßnahmen verpflichtet haben, aus dem Bundesinfektionsschutzgesetz gestrichen
werden. Stattdessen werden in Rheinland-Pfalz künftig die Faktoren
Hospitalisierungsinzidenz und Intensivbettenauslastung wesentliche Maßstäbe für weitergehende Schutzmaßnahmen sein. Eine genau bundeseinheitliche Festlegung
war leider bislang nicht möglich. Wir haben in Rheinland-Pfalz ein „2G+“-System
entwickelt und führen dies nun ein. Für Geimpfte und Genesene bleibt es bei einem sehr großen Stück Normalität. Es werden für diese Gruppe unbegrenzte
Zusammenkünfte möglich sein, zu denen ein gewisses Kontingent an nicht-
immunisierten Personen hinzukommen können. Als Faustregel gilt: Wir sehen keinen Lockdown mehr als Schutzmechanismus vor: Geschäfte, Restaurants, Hotels, Theater und Kinos sollen geöffnet bleiben, auch bei steigenden Inzidenzen.
Stattdessen wird der Zutritt von nicht immunisierten Menschen schrittweise reduziert, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Wir haben aktuell mehr als fünf Millionen Impfungen vorgenommen. Jeder und jede Erwachsene hatte die
Möglichkeit, sich impfen zu lassen und wir werden nicht nachlassen, weiterhin
Impfungen zu ermöglichen“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer. An die
Warnstufen knüpften differenzierte Maßnahmen an; da die Infektionsgefahr unter geimpften und genesenen Personen wesentlich geringer ist als unter „nur getesteten“Personen, bestehe für den Betreiber einer Veranstaltung oder in der Gastronomie künftig die Möglichkeit, mehr Personen den Zutritt zu gestatten, wenn darunter nur eine sehr geringe Anzahl von lediglich getesteten Personen ist. In allen Warnstufensei ein „Kontingent“ von Personen vorgesehen, für die eine Testung ausreiche, uminsbesondere dem Rechnung zu tragen, dass ein sehr geringer Prozentsatz sich aus medizinischen Erwägungen nicht impfen lassen kann. Da die Impfung aktuell erst ab 12 Jahren durch die STIKO empfohlen wird, zählten im Sinne der Verordnung Kinder bis einschließlich elf Jahren als geimpft und fielen damit unter die 2G-Regel. Teilhabe sei durch diese Regelung gewährleistet.
Die neuen Warnstufen setzten sich künftig zusammen aus der Sieben-Tage-Inzidenz,
dem Sieben-Tage-Hospitalisierungs-Wert und dem Anteil der mit COVID-19-
Erkrankten belegten Intensivbetten. Sie reichen von Stufe 1 bis Stufe 3, die jeweils
dann ausgerufen würden, wenn mindestens zwei der drei Leitindikatoren erreicht werden, so die Ministerpräsidentin.
Das Erreichen einer Warnstufe wird unter anderem Auswirkungen auf die zulässige
Personenzahl bei privaten Zusammenkünften, aber auch auf Veranstaltungen im Innen- und Außenbereich haben. „Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist mit höchstens 25 Personen gestattet, wobei geimpfte Personen und genesene Personen bei der Ermittlung der Personenanzahl außer Betracht bleiben. Bei Erreichen der
Warnstufe 2 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt reduziert sich die
Personenanzahl auf zehn; bei Erreichen der Warnstufe 3 reduziert sich die Personenanzahl auf fünf“, erläuterte Gesundheitsminister Clemens Hoch den
Mechanismus des neuen Warnwerts. Darüber hinaus seien Veranstaltungen in
geschlossenen Räumen mit bis zu 250 Zuschauerinnen und Zuschauern oder
Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die nicht-immunisierte Personen sind, zulässig.
Eine nicht-immunisierte Person im Sinne dieser Verordnung ist eine Person, die weder geimpfte noch genesene Person ist und das 11. Lebensjahr vollendet hat. Bei Erreichen der Warnstufe 2 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt reduziere sich die Personenzahl auf 100; bei Erreichen der Warnstufe 3 reduziere sich die Personenzahl auf 50. Über diesen Personenkreis hinaus können ausschließlich geimpfte oder genesene Personen teilnehmen. „Die Lage ist weiterhin ernst und angespannt. Wir befinden uns immer noch in einer Pandemie. Ich kann nur alle ermutigen: Lassen Sie sich impfen und schützen Sie dadurch Kinder, Schwangere oder Menschen mit Vorerkrankungen, die noch kein Impfangebot erhalten konnten.
Der Impffortschritt in Rheinland-Pfalz ist gut, das belegen bisher 5 Millionen
Impfungen. Wir dürfen nicht nachlassen in unseren Anstrengungen. Nur so kommen
wir sicher aus der Pandemie und verhindern einen erneuten Lockdown“, appellierte der Gesundheitsminister.
Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig erläuterte die Auswirkungen der jeweiligen
Warnstufen auf den schulischen Alltag: „Kinder und Jugendliche brauchen ihre
Schule. Deshalb sorgen wir dafür, dass sie unter bestmöglichen Bedingungen und bei
einem hohen Schutzniveau zur Schule gehen können. In Bildungseinrichtungen gelten
deshalb strengere Regeln als in vielen anderen Bereichen der Gesellschaft. Jede
Woche werden aktuell rund 520.000 Schülerinnen und Schüler zwei Mal getestet.
Unsere Schulen setzen ihre Hygienekonzepte konsequent um. Das belegt auch die begleitende Studie des rheinland-pfälzischen Landesuntersuchungsamts und der
Universität Heidelberg. Das Land hat darüber hinaus insgesamt ein Fördervolumen von 18 Millionen Euro für Maßnahmen zur Raumlufthygiene zur Verfügung gestellt.
Auch nach den beiden Präventionswochen zum Schuljahresstart behalten wir ein
hohes Schutzniveau bei. Deshalb sind die Schulen auch in den drei Warnstufen
umfasst. Das gibt – gemeinsam mit den einheitlichen Quarantäneregelungen –
Sicherheit und Klarheit vor Ort.“
In allen Schulen, so die Ministerin, gelte in Warnstufe 1 grundsätzlich die Maskenpflicht im Schulgebäude, nicht jedoch am Platz und im Freien. Erreicht ein
Landkreis oder eine kreisfreie Stadt Warnstufe 2 besteht die Maskenpflicht an den weiterführenden Schulen auch am Platz. In Warnstufe 3 gilt die Maskenpflicht an allen Schulen am Platz, allerdings nicht im Freien. Ausgenommen hiervon sind in den Förderschulen Schülerinnen und Schüler, die aufgrund ihrer Behinderung keine Maske tragen oder tolerieren können. Weitere Ausnahmen von der Maskenpflicht gibt es beim Sport- sowie beim Musikunterricht, beim Essen und Trinken sowie bei Prüfungen und Kursarbeiten.
Tritt eine Infektion mit dem Coronavirus in Schulen auf, besteht für die Schülerinnen
und Schüler innerhalb der Klasse, Lern- oder Betreuungsgruppe, in der die Infektion
aufgetreten ist, sowie deren Lehrkräfte nur bei einer eigenen Infektion eine
Absonderungspflicht. Alle anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Klassen- oder Lerngruppe müssen sich im Regelfall nicht absondern. Sie müssen sich
stattdessen für den Zeitraum von fünf aufeinanderfolgenden Schultagen täglich mittels Selbsttest testen sowie eine Maske am Platz tragen. Die Testpflicht gilt dabei nicht für geimpfte und genesene Personen. Das Gesundheitsamt kann bei besonderen
Ausbrüchen auch strengere Maßnahmen anlegen. Dann sollen sich zunächst nur die
unmittelbaren Sitznachbarn in Quarantäne begeben, alle anderen können nach einem
negativen PCR Test auch wieder in die Schule gehen. Es bleibt bei der
darauffolgenden Test- und Maskenpflicht. „Es ist gut, dass – analog zu den
Kindertagesstätten – ein Verfahren gewählt wurde, dass den Infektionsschutz und das Recht auf Bildung bestmöglich vereinbart“, so die Bildungsministerin.