Alzey (as) – Mit harten Worten äußert die CDU Alzey auf Ihrem Webauftritt massiv Kritik an Landrat Heiko Sippel (SPD) und sieht gar Führungsversagen beim Umgang mit der Antragsstellung einer neuen Obdachlosenunterkunft (zum Artikel).

Um was geht es genau?

Nachdem das Obdachlosenheim Am Herdry im Jahre 2016 einem Brand zum Opfer fiel, beschloss man 2017 den Neubau einer Obdachlosenunterkunft in Alzey.
Hierfür mochte man mittels Förderantrag aus dem Investitionsstock bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) eine entsprechende Bezuschussung, da es sich bei einer solchen Hilfe um eine Hilfe nach dem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) handeln würde.

Das zuständige Innenministerium weist den Antrag jedoch zurück mit dem Verweis, dass hier das Sozialministerium zuständig sei.
Die Stadtverwaltung reichte daraufhin dort im April 2017 einen entsprechenden Antrag ein, welcher bereits im Mai desselben Jahres abgelehnt wurde, mit der Begründung, dass doch das Innenministerium hierfür zuständig sei – das “Ping-Pong Spiel” begann.

Die Stadtverwaltung reichte zunächst einen formlosen Antrag über die Kreisverwaltung Alzey-Worms im Mai 2017 bei der ADD ein, diesmal jedoch mit dem Hinweis versehen, dass das Sozialministerium den Antrag bereits wegen Unzuständigkeit abgelehnt habe.
Auf Nachfrage im September bei der Kreisverwaltung hieß es dann, dass die ADD mitgeteilt habe, dass sehr wohl das Sozialministerium zuständig sei.

Die CDU Alzey sieht in diesem “Ping-Pong Spiel” ein Versagen der SPD-geführten Ministerien, Behörden und beteiligten Personen.
“Als ob man bei der SPD untereinander überhaupt nicht reden würde” zeigt sich die Fraktionsvorsitzende Astrid Stork (CDU) im Gespräch mit der Alzeyer Zeitung verärgert.

So habe dann im Oktober 2017 selbst, der städtische Beigeordnete Steffen Jung (SPD) den förmlichen Förderantrag über die Kreisverwaltung bei der ADD eingereicht.
Im August 2018 besprachen Bürgermeister Christoph Burkhard (parteilos) und der damalige Landtagsabgeordnete Heiko Sippel (SPD) die Sachlage nochmals gemeinsam mit dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung und erhielten die Antwort, dass eine erneute Prüfung der Förderfähigkeit erfolgen würde.
Im September 2018 erhielt die Stadt dann über die Kreisverwaltung den von der ADD erneut abgelehnten Förderantrag zurück. Der Ablehnungsgrund war diesmal jedoch nicht ersichtlich und wurde erst auf Nachfrage mitgeteilt, aus Sicht der ADD sei das Sozialministerium zuständig.
Diese Info sei auch an den damaligen MdL Sippel weitergeleitet worden.
Im Oktober 2018 äußert das Sozialministerium erneut seine Unzuständigkeit und verweist erneut auf die Zuständigkeit der ADD, da es sich um eine POG-Thematik handele.
Im November 2018 entschied der städtische Ausschuss (ZDF), einen erneuten Förderantrag an die ADD zu richten, welcher im September 2019 an die Kreisverwaltung zur Weiterleitung an die ADD übergeben wurde.
Im September 2020 nun, erhält die Stadtverwaltung auf Nachfragen von der Kreisverwaltung die Antwort, dass der fristgerecht eingereichte Antrag der Stadt die Kreisverwaltung gar nicht erst verlassen habe:

Anfrage von Bürgermeister Burkhard an Landrat Sippel vom August 2020:

Die Antwort von Landrat Sippel an Bürgermeister Burkhard vom September 2020

CDU sieht Versagen und Verantwortung bei Sippel und Jung

Auf ihrer Webseite schreibt die CDU: “Für die CDU ist klar, dass Herr Landrat Sippel und Herr Kreisbeigeordneter und Stadtrat Jung hier in der Verantwortung stehen. Wie soll der Schaden, der hierdurch der Stadt ggf. entstanden ist, wieder gutgemacht werden? Aus finanzieller Sicht durch die vertane Fördermöglichkeit, auch aber aus menschlicher Sicht und damit das weitere Warten auf eine Unterkunft.”

Landrat Sippel antwortet auf Fragen

In unserer Facebook-Gruppe wurde der Beittrag der CDU geteilt und einige Leser schickten uns Fragen, die wir an Landrat Sippel weiter reichten.
Um sich ein unverfälschtes Bild machen zu können, veröffentlichen wir die Antworten ungekürzt:

AZ: Es gab insgesamt 13 weitere Anträge, die entsprechend Sachlage und Investitionsstock aufgeteilt werden mussten. Um welche 13 Vorhaben handelt es sich, die eine größere Priorität der Bezuschussung besitzen, als ein Projekt, welches obdachlosen Menschen eine Unterkunft anbieten würde?

Heiko Sippel: “Im Antragsjahr 2020 sind insgesamt 13 Anträge eingegangen. Im Rahmen der Vorprüfung sind 12 Projekte auf die Prioritätenliste aufgenommen worden. Der Kreisverwaltung Alzey-Worms obliegt in ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde eine Vorprüfung der eingereichten Maßnahmen hinsichtlich ihrer Förderfähigkeit. Die Weitergabe erfolgt an die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier, der wiederum ebenso ein Vorschlagsrecht hinsichtlich der Höhe der Förderung und der Platzierung der Reihenfolge zusteht. Letztlich entscheidet das Ministerium des Innern und für Sport über die abschließende Bewilligung der Maßnahme.

Der Antrag auf Bezuschussung der Obdachlosenunterkunft aus dem Investitionsstock des Innenministeriums wurde für 2018 schon einmal gestellt. Die Kreisverwaltung hatte diesen auch priorisiert und zur Bezuschussung empfohlen. Allerdings wurde der Zuschuss vom Innenministerium eindeutig abgelehnt, da für Maßnahmen bei Wohnungslosigkeit das Sozialministerium zuständig ist. Darüber war die Stadt Alzey informiert. Der 2019 erneut eingereicht I-Stock-Antrag entsprach dem früheren Antrag. Es gab also keine neuen Gesichtspunkte und deshalb war klar, dass keine Förderfähigkeit vorliegt. Insofern konnte auch keine Weitergabe erfolgen, auch wenn die Maßnahme noch so sinnvoll ist.

Zum Zuge gekommen ist die erforderliche Sanierung der Petersberghalle in Gau-Odernheim, eine Maßnahme für die der I-Stock ausdrücklich vorgesehen ist. Außerdem weitere kleinere Maßnahmen.”

AZ: Warum hat man nicht auf dem sog. kurzen Dienstweg (z.B. telefonisch) die offensichtlich noch unklare Sachlage bezüglich der Zuständigkeit schnell geklärt, damit zeitnah den obdachlosen Menschen wieder eine Unterkunft in Alzey geboten werden kann?

Heiko Sippel:Auf ministerieller Ebene wurde die Zuständigkeit bereits im Jahre 2018 geklärt. Danach wurde von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion mitgeteilt, dass eine Förderung über den Investitionsstock nicht in Frage kommt. Als Begründung führte die ADD an, dass Fördermittel im Haushalt des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie (MSAGD) zur Verfügung stünden. Die Stadt Alzey wurde hierüber 2018 informiert.”

AZ: Welche Konsequenzen hat das Verhalten, keine Informationen weiter zu geben, welches nunmehr eine große Tragweite mit sich zieht (Obdachlose weiterhin ohne Obdach, Zusatzkosten für die Stadt, die sich im hohen 6-stelligen Bereich bewegen wird, wenn nicht gar 7-stellig)

Heiko Sippel: “Unserer Kenntnis nach kommt die Stadt Alzey weiterhin ihrer Aufgabe der Unterbringung von Obdachlosen durch eine dezentrale Unterbringung in Wohnungen mit Betreuung nach, insofern gibt es keine Obdachlose ohne Obdach, wie in der Fragestellung suggeriert wird. Das Konzept hat sich nach unserer Kenntnis durchaus bewährt. Aufgrund der oben geschilderten Sach- und Rechtslage war vielmehr davon auszugehen, dass Fördermittel beim MSAGD grundsätzlich verfügbar sind. Noch 2018 fand ein Gespräch von Herrn Bürgermeister Burkhard und mir mit dem Präsidenten des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung statt. Im Ergebnis zeigt es sich aber, dass die Maßnahme, die die Stadt Alzey seinerzeit plante bzw. plant, in der im Antrag beschriebenen Ausgestaltung auch nicht aus dem Sozialhaushalt gefördert werden kann. Auch dieser Sachverhalt wurde seitens des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung gegenüber der Stadt Alzey mitgeteilt.

Abschließend möchten wir darauf hinweisen, dass generell kein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch bei der Beantragung von Fördermitteln besteht, dass diese durch das Land als Zuschussgeber bewilligt werden.”

Die Frage bleibt offen, wie es am 19.11.2018 zu einem einstimmigen Beschluss des Ausschusses für zentrale Dienste und Finanzen kommen konnte (Az 3/129-912 TOP 2), also mit Stimmen der SPD, dass ein erneuter Antrag aus dem I-Stock bei der ADD gestellt werden soll, wenn diese doch bekanntermaßen gar nicht zuständig sei?

 

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