
Nach fast vier Jahrzehnten an der Spitze des Museums der Stadt Alzey wurden Dr. Eva Heller-Karneth und Dr. Rainer Karneth am Mittwoch offiziell in den Ruhestand verabschiedet. Die Feierstunde im Museum machte deutlich: Hier endete nicht nur eine berufliche Laufbahn, sondern ein prägendes Kapitel städtischer Kulturarbeit.
Bürgermeister Steffen Jung würdigte das Ehepaar als „Gesichter des Museums“, das weit über das Fachliche hinaus Maßstäbe gesetzt habe. „Sie haben das Museum nicht nur verwaltet“, sagte er in seiner Rede, „sie haben es entwickelt, erneuert, gelebt – mit Stil, mit Verstand und einem Gespür für Menschen.“
Mehr als ein Museum – ein Ort der Begegnung
Das Alzeyer Museum wurde unter der Leitung der Karneths zu einem Ort mit Strahlkraft: Lernort, Gedächtnis der Region, Raum für Austausch. Rund 11.000 Besucher jährlich zeigen, dass das Konzept funktioniert. Dieser Erfolg ist vor allem dem über Jahrzehnte anhaltenden Engagement des Ehepaars zu verdanken.
Seit 1986 war Eva Heller-Karneth in Alzey tätig, sechs Jahre später stieß ihr Mann hinzu. Gemeinsam führten sie das Haus im Jobsharing – damals ein Modell mit Seltenheitswert. Unterschiedliche Perspektiven bereicherten die inhaltliche Vielfalt: Richtschwert und Druckerpresse auf der einen Seite, Volkskunde und Waschmaschinen auf der anderen. Dazwischen gemeinsame Favoriten wie der Nymphenstein oder die neue Steinhalle.
Professionalisiert, modernisiert, geöffnet
Inhaltlich und strukturell wurde das Haus unter der Leitung der Karneths grundlegend weiterentwickelt. Barrierefreiheit, museumspädagogische Konzepte, vertiefte Forschung zur Regionalgeschichte – all das wurde frühzeitig umgesetzt. Die Krönung: das Bauprojekt „Steinhalle“, das 2023 eröffnet wurde. Ein Kraftakt, der heute als architektonisches und konzeptionelles Herzstück des Museums gilt.
Die Steinhalle steht exemplarisch für den Ansatz der Karneths: offene Räume, Transparenz, Einbindung der Öffentlichkeit. „Es ging uns nie nur um Objekte, sondern um Ausblick, Weitblick und die Einladung, sich selbst in der Geschichte wiederzufinden“, sagte Rainer Karneth.
Anerkennung für jahrzehntelanges Wirken
Die geleistete Arbeit wurde vielfach gewürdigt: Im November 2024 wurde das Alzeyer Museum als „Museum des Monats“ in Rheinland-Pfalz ausgezeichnet. Die Stadt verlieh beiden die Rathausmedaille für ihr langjähriges Wirken und ihr besonderes Engagement rund um das Römerjahr 2023. Für die Geehrten kein Grund zur Selbstbeweihräucherung: „Das ist keine Auszeichnung für uns – sondern für das Museum und alle, die mitgewirkt haben.“
Ministerialrat a. D. Anton Neugebauer nannte das Haus einen „landeshistorischen Leuchtturm“ und erinnerte an die vielen Veranstaltungen, bei denen „immer noch ein Stuhl dazugestellt wurde“. Auch die kritische Auseinandersetzung mit der regionalen Geschichte hob er hervor – von Mythenfiguren wie Volker von Alzey bis zu dunklen Kapiteln wie der NS-Zeit.
Ein Blick zurück – und ein Wunsch nach vorn
In ihrer gemeinsamen Abschiedsrede zogen die Karneths ein sachliches, aber versöhnliches Fazit: „Es war eine anregende und befriedigende Tätigkeit – auch wenn es manchmal ehrenamtliche Ausbeuterei war.“ Dank richteten sie an das Netzwerk aus Ehrenamtlichen, Fachleuten und Mitgestaltern.
Für ihren Nachfolger Prof. Dr. Tim Kerig hatten sie nur einen Wunsch: „Möge er genauso viel Freude an der Arbeit haben wie wir.“
Zum Schluss sprach Bürgermeister Jung ein persönliches Dankeschön aus – und einen Ausblick: „Jetzt ist Zeit – für Reisen, für Neues, für den Wartberg. Sie haben es sich verdient.“