Am 08. April kommt Bundeskanzler Scholz nach Alzey - Bauern wollen demonstrieren

Alzey (as) – Es wird das Highlight, über das die Alzeyer noch jahrelang sprechen werden – der Bundeskanzler kommt mit einer Folgschaft aus Ministern, Ministerpräsidentin und Vertretern von Eli Lilly zum symbolischen Spatenstich für die 2,3 Mrd Euro Investition des Pharmariesen (wir berichteten) in die Volkerstadt. Kanzler und Minister sollen sich bei dieser Gelegenheit auch in das Goldene Buch der Stadt Alzey eintragen.

Bauerndemo während Kanzlerbesuch

Bauern aus ganz Rheinland-Pfalz wollen anreisen, aus Rheinhessen, Teilen der Pfalz und dem Hunsrück haben sich bereits zahlreiche Landwirte angemeldet und wollen diesen Anlass nutzen, um zu einer geplanten Demonstration zusammenkommen, um während des Kanzlerbesuchs auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Die Bauern beabsichtigen, ihre Forderungen nach fairer Behandlung und angemessenen Preisen für ihre landwirtschaftlichen Produkte zu unterstreichen.

In einer Pressemeldung teilte der LSV Rheinland Pfalz e.V. hierzu mit, dass das Hauptthema des aktuellen Protests das Desaster auf dem Getreidemarkt, ausgelöst durch Verwerfungen auf dem Weltmarkt, als Folge des Krieges in der Ukraine sei.

Doch was genau hat das mit dem Kanzler, Eli Lilly und Alzey zu tun, wollten wir vom Vorsitzenden der LSV Rheinland-Pfalz e.V. wissen.
Fragen die immer wieder auch in unseren Social-Media Gruppen auftauchen – „Der Zusammenhang erschließt sich mir nicht.“ kommentiert zum Beispiel ein Mitglied in unserer Facebook-Gruppe „Du weißt dass Du aus Alzey bist“

Mindestlohn ohne Mindestpreis – ungleicher Weltmarkt

Wir haben mit Thilo Ruzycki gesprochen, Vorsitzender des LSV Rheinland-Pfalz e.V., der die Kernproblematik in falsch geleiteter Politik sieht: „Wir müssen in Deutschland hohe Mindestlöhne zahlen, bekommen jedoch keine Mindespreise für unsere Produkte, das kann bei der ungerechten Konkurrenz, selbst innerhalb der EU, kein Landwirt aushalten (Beispiel: In Spanien beträgt der Mindeslohn 37,80 Euro pro Tag beziehungsweise 1.134 Euro pro Monat, Anm.d.Red.). Der Ukraine wurden die Einfuhrzölle für Weizen gestrichen, diese können dadurch viel günstiger liefern. Noch schlimmer wird es dann bei Produkten aus dem nicht EU-Ausland, hier gelten dann sogar ganz andere Pestiziregelungen. Das alles will weder der deutsche Verbraucher, den wir hinter uns wissen, noch viel weniger wollen wir Landwirte das.“

Ruzycki betont im Gespräch, dass diese Haltung keinerlei politische Hintergründe hat, Unterstützung soll jeder erhalten der sie benötigt – aber dies könne nicht einseitig auf Kosten eines Berufsstandes gehen, der existentiell bedrohend darunter leiden müsse.

„Wir wollen lediglich von unserer Arbeit leben können“

„Wir wollen lediglich von unsere Arbeit leben können, doch bei den aktuell unfairen Wettbewerbsverhältnissen ist dies de facto in Deutschland nicht möglich“ erklärt der Vorsitzende, der auch nicht viel von Subventionen hält, „Subventionen sind letztlich nichts anderes als Strafgelder für verfehlte Politik“, so Ruzycki, der hier geänderte Rahmenbedingungen fordert.

„Nun werden auch immer weitere Flächen versiegelt, die Landwirte nicht mehr pachten oder bewirtschaften können, das tut uns weh, ebenso der daraus resultierende Diversitätsverlust – ausgerechnet dieser gute Boden, auf dem das Werk entstehen soll, der sehr ertragreich war fällt nun weg, während es rund um Alzey geeignetere Flächen gibt, mit bedeutend schlechteren Böden“, so der Vorsitzende.

Bauern bedauern mangelnde Gesrpächsbereitschaft des Kanzlers

Während des Besuchs wird wohl auch kein Gespräch mit dem Kanzler möglich sein, dies habe das Kanzleramt den Landwirten mitgeteilt. „Weder der LSV Deutschland, noch wir aus Rheinland-Pfalz haben bisher, trotz mehrfacher Anfragen, eine Gesprächsbereitschaft des Kanzlers erfahren können – dies ist sehr bedauerlich, zeigt es eine mangelnde Wertschätzung unserer Tätigkeiten, ein Helmut Kohl hatte sich früher noch den Problemen und den Fragen des Volkes gestellt“ erklät der Winzer.

Der Kanzler wird demnach weder den Bauern, noch den angereisten Medien für Fragen zur Verfügung stehen – zu eng sei der Zeitplan heißt es bereits in der Presseeinladung vom 19.03.2024 hierzu, als auch als Antwort auf Nachfrage dieser Zeitung beim Kanzleramt. Eine Pressesprecherin betont dabei, dass der Bundeskanzler sich sonst regelmäßig den Fragen von Lesern regionaler Zeitungen im gesamten Bundesgebiet stellen würde – dies dürfte den zahlreich angereisten Medienvertretern nur wenig Trost bieten.

Demonstrationsfläche der Landwirte

Drei Traktoren und ein Infostand genehmigt

Die Landwirte erklären, dass sie ihr Recht auf Meinungsäußerung und Demonstration gemäß dem Grundgesetz wahrnehmen werden. Genehmigt wurden hierbei lediglich drei (!) Traktoren, die an der Demonstration teilnehmen können, sowie eine Versammlungsstätte am Haus der Landwirtschaft, bei der die Bauern ihre Anliegen öffentlich machen können.
Die Traktoren werden auf einer grünen Fläche gegenüber MC Donalds aufgestellt werden, an der die Pressevertreter bei der Anreise sicher vorbei kommen werden.
„Am Haus der Landwirtschaft werden hier eine kleine Bühne aufstellen, auf der verschiedene Redner auftreten, auch wurden uns diverse Stellen zur Platzierung von Banner und Plakaten zugewiesen, Flächen die wir selbstveständlich auch nutzen werden, in der Hoffnung dass viele Medienvertreter darauf aufmerksam werden“ erklärt der Vorsitzende

Demos zeigen Wirkung – Kanzler trifft sich mit Branchenvertretern

Kurz vor Redaktionsschluss und nach dem geführten Gespräch erreicht unsere Redaktion die Nachricht, dass Bundeskanzler Olaf Scholz sich nun doch mit Vertretern der Landwirtschaft treffen will. Dies berichten verschiedene Medien übereinstimend. So soll er am Donnerstag mit Mitgliedern der Zukunftskommission Landwirtschaft zu einem Gespräch zusammen kommen. In diesem Gespräch wolle man sich über mögliche Maßnahmen dazu austauschen, wie Landwirte entlastet werden können.
Auch die bürokratische Anforderungen sollen dabei angesprochen werden.