Foto: Klinikum Worms

Alzey (as) – Es war eine Schockmeldung für viele Patienten der gastroenterologischen Praxis Dr. med Bernd Adami in der Spießgasse in Alzey. Am 01. Dezember 2022 schreibt das Klinikum Worms in einer Pressemeldung, dass diese das Medizinische Versorgungszentrum, welchem die Praxis Dr. Adami angehört, neu aufstellen möchte. “Das sich derzeit an zwei Standorten (Klinikum und Alzey) befindende MVZ Gastroenterologie soll Ende des ersten Quartals 2023 anteilig auf die Herrnsheimer Höhe umziehen.” heißt es in der Pressemitteilung.

Vertrag mit Praxis Dr. Adami endet Ende März 2023

„Der Vertrag mit Dr. Bernd Adami, der den medizinischen Betrieb des MVZ Gastroenterologie am Standort Alzey derzeit verantwortet, endet planmäßig zum 31. März 2023. Da sich bereits jetzt ein Viertel des Arztsitzes am Standort des Klinikums befindet, ist es nur folgerichtig, zu versuchen, unsere Kapazitäten in diesem Bereich zukünftig auf der Herrnsheimer Höhe zu bündeln“, begründet Klinikum Geschäftsführer Bernhard Büttner die Entscheidung. Um die ambulante, gastroenterologische Versorgung in und um Alzey nach wie vor sicherzustellen, ist vorgesehen, dass mindestens 50 Prozent des Arztsitzes in Alzey verbleiben. „Wir werden den Sitz ausschreiben und führen hierzu Gespräche mit interessierten niedergelassenen Medizinern“, so der Geschäftsführer weiter. „Da die langfristige Aufrechterhaltung von zwei Standorten gerade unter wirtschaftlichen Aspekten nicht tragbar ist, haben wir mit dem angestrebten Teilverkauf des Arztsitzes eine gute Lösung für alle Parteien und insbesondere im Sinne unserer Patientinnen und Patienten gefunden.“

Éine gute Lösung für alle Parteien, insbesondere der Patienten?

Etwas differenzierter sehen diese “gute Lösung” offensichtlich zahlreiche Patienten, die sich an unsere Redaktion mit der Bitte um Hilfe wandten: “Wo sollen wir denn hin, gerade als chronischer Morbus-Crohn-Patient fühlt man sich in den meisten Praxen nicht gerade gut aufgehoben” erklärt z.B. Jutta M., die seit Jahren in der gastroenterologischer Praxis Dr. Adami betreut wird.
Auch Ilona S. erzählt im Gespräch mit dieser Zeitung: “Dr. Adami ist ein Arzt dem man vertraut, warum man ihn nicht zum Wohle seiner Patienten weiter machen lässt ist für mich unverständlich, was wird dann aus uns, die Kosten der Medikamente gingen bei Wegfall in die tausende Euro?”.

Tatsächlich möchte Dr. med. Bernd Adami eigentlich weitermachen: “Ich bin Eigentümer dieser Praxis, diese habe ich an das Klinikum bzw. MVZ vermietet, der Vertrag hierzu läuft Ende März aus. Mit der Vermietung habe ich auch meinen Sitz veräußert, so dass es mir eigenständig nicht mehr möglich ist, eine eigene gastroenterologische Praxis hier zu leiten”, so der unter seinen Patienten beliebte Alzeyer Internist.

Er sieht seine Populariät auch darin begründet, dass er seine Patienten ernst nimmt: “Ich sehe in meinen Patienten eben nicht nur einen Umlageschlüssel, es sind Personen, die ich zum Teil seit sehr vielen Jahren kenne, meine jüngste Patientin war 16 Jahre alt, diese betreue ich noch heute, sie ist zwischenzeitlich 60 Jahre alt” erklärt der Alzeyer Facharzt.
Dr. Adami arbeitet laut Auskunft an einer Lösung, die im Sinne seiner Patienten sei “hierauf möchte ich aufgrund laufender Gespräche und Verhandlungen noch nicht näher eingehen, aber mir ist es wichtig weiter für meine Patienten da sein zu können, auch weil ich weiß wie wichtig es ihnen ist, zumal solche Facharztpraxen in der Region rar gesät sind, ich habe unter anderem auch Patienten aus Wiesbaden, Bad-Kreuznach, Kaiserslautern und sogar Frankfurt” so Dr. Adami weiter.

Aushang an Praxis geht viral

Quelle: Facebook

An der Eingangstür der Praxis hängt aktuell ein Aushang, der seit gestern in den sozialen Medien hohe Viralität erreicht hat:

Gastroenterologische Schwerpunktpraxis Dr. Adami – Spießgasse 58b – 55232 Alzey – Tel. 06731 42061
Liebe Patienten, wir, das Team der Praxis Dr. Adami in Alzey wurden mit einer Entscheidung konfrontiert, die uns und unsere Patienten so sehr getroffen hat, dass wir diesen Weg wählen, um Gehör zu finden.
Unsere Praxis, die nunmehr 40 Jahre besteht soll geschlossen werden!
Dr. Adami ist seit 1983 in seiner Praxis in Alzey als internistischer Gastroenterologe tätig. Schwerpunktmäßig betreut er von Anfang an Chemo-, Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa Patienten. Dr. Adami arbeitet, genauso wie sein ganzes Team leidenschaftlich in dieser Praxis, die gemeinsam auch diverse Menschenleben gerettet, Diagnosen erkannt und direkt übermittelt haben. Laut dem MVZ Klinikum Worms , dem wir seit 2020 angehören, gibt die Gebührenordnung der Kassenärztlichen Vereinigung keine entsprechenden Abrechnungsziffern für genau diese Schwerkranken (Morbus Crohn) mehr her. Daher kam sehr überraschend am Mittwoch, den 30.11.2022 die Nachricht, die Praxis soll geschlossen werden. Nun stellt sich uns die Frage:
Ist es in Deutschland denn schon so weit gekommen, dass man als schwer chronisch kranker Patient wirklich allein gelassen wird?
Mehrere hundert Patienten würden nach der Schließung komplett in der Luft hängen, nach der tragischen Mitteilung verließen viele Patienten weinend und verzweifelt die Praxis. Sie wissen gar nicht wie es mit ihnen weiter geht und an welchen kompetenten Arzt sie sich wenden sollen. Sowohl das Team als auch der Arzt selbst, hängen mit ihrem kompletten Herzblut an der Praxis und deren Patienten. Sie haben nie aufgehört, um jeden einzelnen zu kämpfen. Das Einzugsgebiet der Patienten beträgt hunderte Kilometer (Schweiz, Berlin und noch viele mehr).
Um von dem MVZ Klinikum Worms und allen Außenstehenden gehört zu werden, benötigen wir Ihre Hilfe und Ihre Stimme.
Helfen Sie uns die Praxis für unsere Patienten zu retten.
Kampflos geben wir nicht auf !!!!!!!!!
Mit freundlichen Grüßen
Das Praxisteam
Alzey, Dezember 2022

In der Praxis gab es wohl auch eine Unterschriftensammlung, die seitens der Geschäftsführung des Wormser Klinkikums “eingesammelt” worden sein soll, so seitens der Praxisleitung – wir haben daher auch bei der Geschäftsführung im Wormser Klinkum nachgefragt.

Klinikum Worms äußert sich

Wir haben bei der Klinikleitung Worms nachgefragt, wie eine 50% Aufrechterhaltung des Arztbetriebs in Alzey aussehen könnte?
“Im niedergelassenen ärztlichen Bereich wird die Zulassung als niedergelassener Arzt generell als „Sitz“ bezeichnet. Aktuell betreiben wir einen 0,75 Sitz in Alzey (entspricht einer 0,75 Prozent Arztstelle). Vorgesehen ist, dass mindestens ein 0,5 Sitz in Alzey verbleiben soll, was einer halben Arztstelle entspräche. Wir sind aktuell in Gesprächen mit Interessenten, die diesen anteiligen Arztsitz in Alzey im Rahmen einer größeren Praxis oder auch als Einzelpraxis weiterbetreiben möchten. Wir haben ebenfalls Herrn Dr. Adami angeboten den Sitz zu übernehmen und die Praxis eigenständig weiterzubetreiben. Dieses Angebot hat Herr Dr. Adami bisher abgelehnt.” schreibt uns Dr. Eva Ehmke, Leiterin der Unternhemenskommunikation.

AZ: Warum wurden gesammelte Unterschriften in der Praxis eingezogen?

“Die Geschäftsführung hat sich am Donnerstag (15.12.2022 – Anm. d. Red.) vor Ort ein Bild zu dem in den sozialen Medien verbreiteten Schreiben gemacht. Da es sich bei dem entsprechenden Aushang um eine nicht mit der Klinikleitung abgestimmte Stellungnahme handelte, die zudem nur eine rein einseitige Darstellung der Situation widerspiegelte, wurde der Aushang – auch um eine unnötige Verunsicherung der Patienten zu vermeiden – entsprechend entfernt.”, so die Klinikleitung.

AZ: Wie steht die Klinikleitung zum Aushang und der Situation?

“Ja, dieser Aushang ist uns bekannt. Es war und ist immer unser Ziel gewesen die gastroenterologische medizinische Versorgung in und rund um Alzey durch den anvisierten Teilverkauf des Arztsitzes weiterhin aufrechtzuerhalten. Zudem bestehen auch im weiteren Radius rund um Alzey weitere Versorgungsangebote. Eine zusätzliche Verunsicherung der Patienten in Form eines solchen Schreibens ist unserer Auffassung nach daher der falsche Weg.”