Symbolbild Corona-Tests

Westhofen – Mainz (as) – Stellen Sie sich vor: Sie benötigen einen Ausweis, um beispielsweise ihr Alter bei einem Eintritt verifizieren zu können. Die Bundesregierung stellt jedoch kein Einwohnermeldeamt zur Verfügung, in der Ausweise beantragt oder ausgestellt werden können.
Nun dürfen aber zertifizierte Privatanbieter Ausweise ausstellen, bezahlt werden diese jedoch über lange Zeit nicht mehr.

So ähnlich ergeht es aktuell vielen Teststellenbetreibern, wie zum Beispiel der Westhofenerin Michaela Rohleder, die in Flonheim eine Naturheilpraxis betreibt.
Die Heilpraktikerin sprang mit ihrem Privatvermögen in die Bresche, als der Gesetzgeber vorschrieb, dass für Heim- und Krankenbesucher ein negativer Schnelltest vorgelegt werden muss, auch Arbeitnehmer mussten zeitweise in vielen Berufszweigen einen zertifizierten Schnelltest vorlegen – ohne Menschen wie Frau Rohleder wäre das damals geschaffene System kollabiert, denn Teststellen selbst betrieb die Regierung keine, diese wurden und werden von zertifizierten Anbietern übernommen bzw. beauftragt, wie der Westhofener Heilpraktikerin.

Für die Regierung eingesprungen – und alleine gelassen

24 Teststellen wurden zeitweise von Michaela Rohleder betrieben,” …die Abrechnung über die Kassenärztliche Vereinigung erfolgte immer zum Monatsende, gezahlt wurde nach rund 4 Wochen”, so die Heilpraktikerin.
Seit Mitte vergangenen Jahres erhält sie jedoch kein Geld mehr!

Plausibilitätsprüfung heißt das Zauberwort “Wir haben nach der Umstellung im Abrechnungswesen im September 2022, nach der geänderten Testellenverordnung am 30. Juni 2022, alle Daten elektronisch übermittelt, die KV prüft in sogenannten Plausibilitätsprüfungen immer einen bestimmten Tag, dieser war für uns der 10.06.2022 – die Prüfung ist bis heute, trotz sofortiger Zusendung aller geforderten Unterlagen noch immer nicht abgeschlossen und wir haben seither keine Zahlleistungen mehr erhalten”, so die Teststellenbetreiberin nach über 6 Monaten ohne Unkostenerstattung seitens der KV. Die Überprüfung selbst für diesen Tag wurde erst im Oktober 2022 eingeleitet.
“Die KV-Teststellenabrechnungen für Juli und August konnten wir überhaupt erst Ende September eingeben, so lange brauchte man für die Umsetzung der eigenen Regeln”, erklärt die Westhofenerin verärgert im Gespräch mit dieser Zeitung.
“Selbstverständlich bin ich bei einer solchen Höhe auch in Liquiditätsprobleme geraten”, so Rohleder, die zum Glück bei ihrer Hausbank einen hohen Dispokredit einrichten konnte, um keine Insolvenz beantragen zu müssen.

“Am 14. Oktober 2022 erhielten wir die Meldung, dass Auszahlungen ausgesetzt werden, am 16. Oktober 2022 haben wir dann die Mitteilung erhalten, dass eine Plausibiltätsprüfung erfolgt, einige Tage später erst, wurde uns mitgeteilt, welche Daten die KV von welchem Prüftag (10.06.2022) haben wollte. Bis zum 07. November 2022 hätten wir alle Daten übermitteln sollen, diese haben wir jedoch bereits zum 06. November 2022 ebenfalls elektronisch abliefern können”, so die Westhofener Teststellenbetreiberin, welche erwähnt, dass bis dato keinerlei Daten mehr nachgefordert werden.

“Am 12. Dezember 2022, nachdem ich bereits über 4 Monate keine Abrechnung ausgezahlt bekam, schrieb die Kassenärztliche Vereinigung auf meine Nachfrage bezüglich des Sachstands, dass man sich an die Auswertung der Prüfung begeben würde und man unaufgefordert auf mich zurück käme.
“Bis heute wurde darauf nicht mehr reagiert”, so Rohleder, “trotz weiterer Nachfragen am 06. Januar 2023 und 16. Januar 2023 “man hat darin gesetzte Fristen unkommentiert verstreichen lassen – daraufhin habe ich am 20. Januar 2023 einen Anwalt einschalten müssen.”

Kassenärztliche Vereinigung versucht sich zu erklären

Auf Nachfrage der Alzeyer-Zeitung bei der Kassenärztlichen Vereinigung RLP schreibt die Pressestelle hierzu: “Die am 30. Juni 2022 in Kraft getretene TestV knüpfte die Bürgertestung an eine Vielzahl bislang nicht bestehenden Anspruchsvoraussetzungen. Insgesamt wurde die Berechtigung zur kostenlosen Bürgertestung in 10 Fallgruppen geteilt. Diese zusätzlichen bürokratischen Anforderungen haben zu einem Brief der KVen an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geführt.

Um einen Anstieg der Falschabrechnungen zu verhindern, entschieden sich die KVen dafür, keine Bürgertestungen nach § 4a TestV abzurechnen und zu vergüten. Aus diesem Grund hat auch die KV RLP bis Anfang September keine Abrechnungen der Monate Juli und August entgegengenommen.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat sich mit dem Bundesgesundheitsministerium im Sommer auf ein neues Prüfverfahren verständigt; die angepassten Prüfvorgaben für die KVen bei der Abrechnung von Bürgertestungen wurden am 1. September auch formal in der Coronavirus-Testverordnung festgeschrieben. Dadurch nahmen die KVen die Abrechnung ab Anfang September wieder entgegen. Eine Verlängerung der Abrechnungsmonate entsprechend der Verzögerung wurde in Rheinland-Pfalz berücksichtigt.” so die Pressestelle der KV RLP.

Kassenärztliche Vereinigung RLP kann keine Zahlen nennen

“Derzeit bearbeiten die KV RLP und auch andere Behörden eine sehr hohe Anzahl von laufenden Prüfungsverfahren nach der Corona-Testverordnung (§ 7a TestV). Diese Prüfungen sind ein ständig laufender Prozess, weshalb keine Status-quo-Ermittlung der Verfahren möglich ist.” so die Erklärung der KV auf unsere Anfrage, wie viele Fälle derzeit bearbeitet werden und in wie vielen von einer Zahlungsaussetzung gebrauch gemacht wird.

Auch auf unsere Anfrage bezüglich einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer eines solchen Falls und die Anzahl der zur Verfügung stehenden Mitarbeiter nierzu nennt die KV keine Zahlen, antwortet aber genderkonform: “Aufgrund der unterschiedlichen einzelnen Prüfverfahren können wir keine durchschnittliche Bearbeitungszeit nennen. Die KV RLP ist an die vorgegebenen bundesgesetzlichen Rechtsnormen gebunden und hat diese dementsprechend umzusetzen. Dazu gehören unter Umständen auch die vorgegebenen Aussetzungen von Zahlungen bei laufenden Prüfverfahren, um damit Finanzmittel des Bundes zu sichern. Jeder Einzelfall wird von uns innerhalb der zuständigen Fachabteilungen sehr sorgfältig geprüft, was notwendigerweise mit einem teils erheblichen Zeitaufwand verbunden ist. Dadurch variiert die mit diesen Aufgaben betraute Zahl an Mitarbeitenden innerhalb der KV RLP.”

Abschließend verwies die KV noch auf ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (Az.: L 4 KR 549/22 B ER). Das Gericht gab hier der KV Bremen Recht, dass diese während einer laufenden Prüfung, die sehr umfangreich sei, keine Zahlungen leisten muss – vergleichbar sind die Fälle hier jedoch nicht (Anm. d. Red.)

Bundestagsabgeordneter Jan Metzler (CDU) schaltet sich ein

“Es ist wie ein Kampf gegen Windmühlen, zeitweise hat man das Gefühl dort arbeitet gar keiner mehr und man kommt nie an sein Geld” erklärt Rohleder, die sich auch politisch Hilfe erhofft, indem sie den für den Wahlkreis Worms-Alzey-Oppenheim gewählten Bundestagsabgeordneten Jan Metzler MdB (CDU) kontaktierte.

Auch Metzler zeigt sich in seinem Schreiben an die Naturheilpraktikterin “einigermaßen fassungslos, wie derart untätig sich die KV hier verhält.”
Doch selbst der Bundestagsabgeordnete erhielt, außer einer Eingangsbestätigung, keine Antwort bisher und bringt in einem Schreiben an Rohleder sein Unverständnis zum Ausdruck und versichert, nunmehr die KV und Vorstand anzuschreiben, um eine nun endlich überfällige Auszahlung vorzunehmen.

Die Alzeyer-Zeitung bleibt an der Sache dran.