Alzey (as) – In vielen Alzeyer Haushalten fand man vor wenigen Tagen einen Flyer der es in sich hatte. Hans-Hartwig Augustin (Mitglied der Alzeyer Stadtratsfraktion Bündnis´90/DIE GRÜNEN) und Dr.-Ing. Jörg E. Blaurock (Sprecher IG Holzweg) werden hierbei als Verantwortliche im Sinne des Presserechts angegeben.

falsche Behauptungen – Klarstellungen mit Seitenhieb

“Apere aude! Wagt zu denken! Habt Mut zur Veränderung!” steht unter der großen Überschrift “Es ist Zeit für Veränderung… Bürgermeisterwahl!” und ruft hierbei die Leser dazu auf den SPD-Kandidaten Steffen Jung (SPD) zu wählen.
Dabei hebt man im Schreiben weniger die eventuell positiven Eigenschaften und Vorteile hervor, als vielmehr gegen den amtierenden Amtsinhaber Christoph Burkhard (parteilos) auszuteilen. So wirft man dem Amtsinhaber Vertrauensverlust bei Mitarbeiterumfragen vor, Intranstrapenz bei Finanzangelegenheiten, fehlende Informationen zu Firmenansiedlungen bei der Erweiterung des Industriegebiets Ost und sogar familiäre Verflechtungen und Vetternwirtschaft.

Der CDU Stadtverband Alzey, welcher Amtsinhaber Burkhard unterstützt, reagiert mit einer Forderung auf deren Homepage: “Herr Jung, distanzieren Sie sich von diesem diffamierenden Pamphlet”.
Es sei ein bisher fairer Wahlkampf gewesen, jedoch könne ein solch´ diffamierendes Pamphlet seitens der Jung-Unterstützer nicht im Raum stehen bleiben, ist zu lesen, andernfalls vermittele Jung den Wählern, dass er diese Falschbehauptungen unterstützt und somit den Pfad des fairen und sachlichen Wahlkampfes auf den letzten Metern aus reinem Eigeninteresse verlassen würde.

Bei dem Aufruf alleine bleibt es jedoch nicht, man versucht Stellung zu beziehen und Klarstellungen zu den Anschuldigungen zu finden, doch hier scheint man auch etwas über das Ziel hinaus zu schiessen.

Gefragt wird im “Augustin-Flyer” z.B. „Wie viele Nebentätigkeiten kann man denn neben einer Vollzeitstelle bei der Stadt Alzey glaubhaft ausüben?
Auf der Homepage der CDU reagiert man entsprechend “Diese dreiste Unterstellung erlaubt die Gegenfrage: Wie viele Nebentätigkeiten als Aufsichtsräte o.ä. übt das Ehepaar Jung neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit glaubhaft aus? Wird hier mit zweierlei Maß gemessen?”

Einen Seitenhieb gegen Jungs Ehefrau Stephanie Jung (Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion, stv. Vorsitzende SPD Alzey), die nicht kandidiert, den man sich sicherlich hätte sparen können.
Michael Lohmer (Vorsitzender des CDU Stadtverbands) auf unsere Anfrage hierzu: “Letztlich muss man die SPD auch als gesamtes sehen, dennoch stimme ich im Nachhinein zu, den Passus hätte es so nicht gebraucht”

Einzelkämpfer Augustin erklärt sich

Hans-Hartwig Augustin erklärt seine Intention zu dem Schreiben.
“Meine Intention ist definitiv nicht bösartig – es gibt Vorgänge die einfach stören, Zusatzjobs werden vergeben, die Stadt übernimmt die Kosten, der Stadtrat erhält jedoch hierzu keine genaue Auskunft, das stört einfach – das muss einfach einmal wieder ins Gedächtnis gerufen werden, dass es schlichtweg an Transparenz fehlt” erklärt Augustin im Gespräch mit der Alzeyer-Zeitung.
So gebe es auch Unterstellungsverhältnisse, die Fragen aufwerfen, moniert das Stadtratsmitglied.
Was mich aktuell ebenfalls sehr ärgert, dass es einen Zeitungsbericht zu dem Thema und meinem Flyer gab, ohne dass mit mir auch nur ein Wort gesprochen wurde, so dass ich mich hierzu hätte erklären können” zeigt sich der Verfasser des Flyers sichtlich verärgert.
Auf unsere Frage, warum er denn so knapp vor der Wahl erst mit dem Flyer an die Haushalte ging, so dass der Amtsinhaber Burkhardt nicht mehr entsprechend darauf reagieren könne antwortete Augustin “Wenn man Einzelkämpfer ist, dann dauert einiges einfach länger, in Druck wurde dies bereits vor 4 Wochen gegeben, jedoch mussten immer wieder Änderungen vorgenommen werden”.
Augustin möchte auch explizit darauf hinweisen, dass weder die Fraktion, noch Jung persönlich mit dem Schreiben involviert oder darüber informiert wurden “es war meine eigene persönliche Absicht, die Fehler einfach noch mal ins Gedächtnis zu rufen”, so Augustin, der ausdrücklich betonen möchte, dass er auch keine persönliche Aversion gegen den Bürgermeister habe, er wolle den Menschen, die ihn fragen gerne Auskunft geben können, dies mache die von ihm monierte Blockadehaltung jedoch leider nicht möglich.

Was sagen die Beteiligten – wir haben nachgefragt

Bürgermeisterkandidat Steffen Jung erklärt auf Nachfrage dieser Zeitung, dass er sich von dem Schreiben distanziert, ferner führt er aus: “Ich selbst habe von dem Flyer auch erst während dessen Verteilung erfahren und hätte diesen nicht gebraucht. Ich bin Bürgermeister Burkhard dankbar für den fairen Verlauf des Wahlkampfs und bin mir sicher, dass wir beide diesen auch bis zum Ende so beibehalten werden. Gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass ich im Verlauf des Wahlkampf mit Argumenten von einem erforderlichen Wechsel überzeugen konnte und sich kein Dritter in unseren fairen, sachlichen Wahlkampf einbringen muss.”
Auf die Inhalte des CDU Schreibens möchte Jung nicht näher eingehen.

Auch BÜNDINS´90/DIE GRÜNEN distanziert sich von Flyer. Danny Mann (Sprecher des OV Alzey) antwortet auf unsere Anfrage hierzu: “Hans-Hartwig Augustin ist kein Mitglied der Partei Bündnis ´90/DIE GRÜNEN. Er ist über die Liste der FDP in den Stadtrat eingezogen und die Stadtratsfraktion hat ihn in die Fraktion aufgenommen. Weder die Partei noch die Stadtratsfraktion waren in irgendeiner Weise informiert oder gar involviert in die Erstellung der Wurfzettel.”
Als Partei habe die Partei ein Votum für den SPD-Kandidaten Steffen Jung abgegeben und dies in einer Pressemitteilung erläutert. “Dies ist seitens der Partei die einzige Positionierung in dem aktuellen Wahlkampf der beiden Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters der Stadt Alzey. Wir haben darüberhinaus keine Aktivitäten von irgend einer Seite kommentiert und handhaben das auch weiterhin so” erklärt Mann.

Christoph Burkhard, auf unsere Frage, wie er das Schreiben bzw. Flyer wertet: “Ich war sehr geschockt über solch infame Unterstellungen im Flyer mir gegenüber und ehrlich gesagt habe ich dann auch aufgehört, weiterzulesen, weil ich habe darin die pure Absicht erkannt, mir auf sehr böswillige Art politisch schaden zu wollen.

Ich musste daraufhin natürlich ganz kurzfristig für mich die Entscheidung treffen, was mache ich nun? Meine Wähleransprache hat mehrere Schwerpunkte, eine besteht darin, Wählerinnen und Wähler direkt bei kurzen Haustürgesprächen zu erreichen. Vorgestern und gestern hat mich kein einziger Bürger auf den Augustin-Flyer angesprochen, obwohl dieser ja zumindest teilweise ausgeteilt ist.  Ich kam dann zu dem Ergebnis, in gleicher Form mit einem Flyer zu reagieren, kann ich bis zum Wahlsonntag gar nicht mehr. Alzey hat rund 10.000 Haushalte, wie soll ich diese Haushalte alle in 5-6 Tagen erreichen? Ich bräuchte selbst wieder einen Flyer, d.h. erstellen, drucken und austeilen, d.h. so kurzfristig gar nicht machbar. Wenn ich kein Verteilzentrum bezahle sondern auf  ehrenamtlicher Basis  10.000 Flyer an einem Tag austeilen will, brauche ich zum Austeilen viele Helfer. Und diese faktische Unmöglichkeit, noch bis zum Wahlsonntag auf diesen Flyer adäquat reagieren zu können, ist ein weiterer Beleg dafür, dass man mir hier besonders übel mitspielen will. Hier sehe ich halt auch, Herr Augustin muss Helfer gehabt haben. Mich würde natürlich sehr interessieren, wer sind diese Menschen, wer teilt so etwas aus? Steckt da eine Partei dahinter, theoretisch möglich wäre auch die IG-Holzweg, die ja einige Passagen des Flyers selbst gestaltet hat? ….Aber das wird wohl leider im Dunkeln bleiben…
Durch die Berichterstattung in der Allgemeinen-Zeitung wird die Aktion nun zu einem klassischen Eigentor und ich freue mich wirklich, dass auch die Alzeyer-Zeitung das Thema aufgreift.”

Für Burkhard sei der faire Wahlkampf weiterhin gegeben, durch die von Jung geäußerte Distanzierung, er kümmere sich weiter um seinen Wahlkampf und fordere von Jung hier auch nichts weiter ein.

AZ: “In der Aufforderung der CDU wird u.a. auch die Einnahmen und Nebentätigkeiten von Frau Jung aufgegriffen, sehen Sie hierin keine Gefahr mit denselben Methoden zu agieren, die man eigentlich kritisiert?”
Christoph Burkhard: “Diese Frage werden Sie sicherlich auch an die CDU richten, weil die CDU hat dies ja geschrieben und nicht ich.” (Anm. d. Red: Stellungnahme von Herrn Lohmer CDU – hierzu siehe oben) “Ich interpretiere die Stellungnahme der CDU persönlich dahingehend, die Öffentlichkeit möglichst objektiv aufklären zu wollen. Herr Augustin unterstellt mir in böswilliger Weise  Absicht, ich hätte „wider besseren Wissens“,  nicht die Nebentätigkeitszahlungen an die Stadtkasse abgeführt. Wahr ist: Seit 2006 bin ich Bürgermeister und ich habe lückenlos alle Nebentätigkeiten bei der Kommunalaufsicht zeitnah angemeldet, im Zwei-Jahresrhythmus und erhielt im zwei Jahres-Rhythmus auch immer einen Bescheid, wie ich zu verfahren habe. Für einen Gesamtzeitraum von 10 zurückliegenden Jahren (2009 bis 2018) hat sich durch eine nachträgliche Änderung meiner Nebentätigkeitsgenehmigungen durch die Kommunalaufsicht im Jahr 2019 nun eine Überzahlung von insgesamt 23.000,- € ergeben. Die Kreisverwaltung empfahl der Stadt daraufhin, die letzten 3 Jahre zurückzufordern, weil ich auf die Richtigkeit meiner Nebentätigkeitsgenehmigungen vertrauen durfte. Die Gelder hatte ich immer versteuert und letztlich im Rahmen meiner privaten Lebensführung über die 10 Jahre auch verlebt. Dies Verfahrensweise (3- Jahre rückwirkend) legte der ehrenamtliche Beigeordnete, (mein 1. Stellvertreter) so dem Stadtrat vor, dieser stimmte  zu, ich zahlte 7.500,- € zusätzlich zu den vorher verpflichtenden Beträge an die Stadt. An diesem Vorgang vermag ich absolut nichts Verwerfliches, Intransparentes und Skandalöses zu entdecken.  Als hauptamtlicher Bürgermeister habe ich den allergrößten Teil meiner Nebentätigkeitseinnahmen an die Stadtkasse abzuführen  (z.B. 100% des EWR Mandats, 100 % des WVR-Mandats), dies tue ich auch! Ein ehrenamtliches Stadtratsmitglied aber, dass in die gleichen Aufsichtsgremien gewählt wird, hat hingegen keine Ablieferungspflicht gegenüber der Stadtkasse. Dies dürfte der Öffentlichkeit nun wieder weniger bekannt sein und darüber verliert Herr Augustin natürlich kein Wort….”